Forschen für Kinder
Die ehemalige ETH-Exzellenz-Stipendiatin Arianna Arpagaus entwickelt am Forschungszentrum des Universit?ts-Kinderspitals Zürich personalisierte Therapien für Kinder mit Leuk?mie – patientennah und mit viel Engagement.
- Vorlesen
- Anzahl der Kommentare

?Die Heilungschancen von Kinderleuk?mie liegen inzwischen bei etwa achtzig Prozent?, erkl?rt Arianna Arpagaus. ?Mit unserer Arbeit wollen wir dazu beitragen, dass eines Tages alle Kinder mit Leuk?mie geheilt werden k?nnen.? Die ehemalige ETH-Exzellenz-Stipendiatin arbeitet im Forschungszentrum für das Kind des Universit?ts-Kinderspitals Zürich. In der Arbeitsgruppe um Beat Bornhauser und Onkologie-Chefarzt Jean-Pierre Bourquin forscht sie zu Therapien für Kinder mit Blutkrebs.
Personalisierte Therapieempfehlungen
Die Forschung ist sehr patientennah und personalisiert. Kliniken aus ganz Europa schicken Blutproben ihrer p?diatrischen Blutkrebspatientinnen und -patienten nach Zürich. ?Die Proben sind von Kindern, deren Krebs nicht durch die konservativen Methoden und Medikamente geheilt werden konnte. Wir testen sie mit zahlreichen Medikamenten?, führt die Forscherin aus. Dabei verwendet die Gruppe Medikamente, die bereits auf dem Markt erh?ltlich sind, aber auch solche, die noch nicht zugelassen sind.
Bis zu hundert Wirkstoffe k?nnen mit speziell dafür entwickelten neuartigen Leuk?miezellkulturen an einer Patientenprobe getestet werden. ?Davon kommen vielleicht zwanzig für die Behandlung in Frage. Wir besprechen die Ergebnisse und informieren die behandelnden ?rztinnen und ?rzte?, beschreibt Arpagaus den Prozess. ?Wir haben eine grosse Kohorte an bereits getesteten Samples und vergleichen diese mit dem jeweilig aktuellen Fall. Zudem arbeiten wir daran, eine Datenbasis zur Krankheitsentwicklung behandelter Patientinnen und Patienten aufzubauen, um die Langzeitwirkung besser evaluieren zu k?nnen.? Die Kliniken k?nnen durch die Hinweise des Forschungszentrums die Behandlung besser abstimmen, den Medikamentenmix optimieren oder versuchen, ihre Patientinnen und Patienten für die klinische Studie eines noch nicht zugelassenen Wirkstoffs anzumelden.
Nachhaltig bauen

Dieser Text ist in der Ausgabe 25/03 des ETH-????Magazins Globe erschienen.
?ber den Gotthard
Biologie und Gesundheitsforschung interessierten Arpagaus bereits im Gymnasium. Aufgewachsen im Tessin, entschied sie sich nach dem Gymnasium in Lugano für den Schritt nach Zürich. ?Das Studienangebot im Biologiebereich ist im Tessin limitiert. Also musste ich über den Gotthard?, erz?hlt sie. Sie entschied sich für den Bachelor Gesundheitswissenschaften und Technologie an der ETH Zürich, der sie durch patientenzentrierte Inhalte ansprach.
Der Unterricht auf Deutsch forderte die junge Frau: ?Am Anfang war es streng, und ich brauchte eine Weile, bis ich mich mit der Sprache und in der neuen Stadt zurechtfand.? Trotz Heimweh und sprachlicher Barrieren steckte sie ihre Energie ins Studium und in den neuen Alltag und wuchs an der Herausforderung. Inzwischen spricht sie neben Italienisch, R?toromanisch, Franz?sisch, Englisch und Deutsch sogar Schweizerdeutsch – auch dank des Stipendiums der Schweizerischen Studienstiftung, das sie für ihre hervorragende Maturaarbeit erhielt und das ihr durch regelm?ssige Veranstaltungen den Kontakt zu deutschsprachigen Studierenden erleichterte.
Zur Person
Arianna Arpagaus arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Forschungszentrum für das Kind des Universit?ts-Kinderspitals Zürich. Die Tessinerin hat an der ETH Zürich ein Bachelorstudium in Gesundheits?wissenschaften und Technologie und ein Masterstudium in Molecular Health Science absolviert. Ausserdem wurde sie im Excellence Scholarship & Opportunity Programme (ESOP) der ETH Foundation aufgenommen.
Am Ende ihres Bachelorstudiums erfuhr sie vom Exzellenz-Stipendienprogramm. Gemeinsam mit ihrer guten Freundin Lorena Gregorio bewarb sie sich um einen der begehrten Pl?tze. Die Freude war gross, als beide eine Zusage erhielten. ?Dass mich meine Eltern im Master nicht mehr unterstützen mussten, war eine grosse Erleichterung für mich und hat mich sehr motiviert?, beschreibt Arpagaus. ?berdies ist sie überzeugt, dass sich die Auszeichnung mit dem Exzellenz-Stipendium auch positiv auf die Stellensuche auswirkte.
Von Neugier getrieben
Ihr Masterstudium in Molecular Health Science verlief dennoch nicht ganz so, wie sie es sich vorgestellt hatte. Kurz nach dem Start begann die Coronapandemie. Ihren Abschluss machte die junge Frau mitten im Lockdown, die Masterfeier wurde zwei Jahre sp?ter nachgeholt. Nach dem Studienabschluss führte Arpagaus als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Labor für Neuroepigenetik von Professorin Isabelle Mansuy die Forschung zu stressbedingten epigenetischen Ver?nderungen über verschiedene Generationen hinweg weiter, die sie im Rahmen ihrer Masterarbeit begonnen hatte.
?Epigenetik ist ein faszinierendes Feld – es geht um alles, was vererbbar ist, ohne direkt mit der genetischen Sequenz zu tun zu haben. Also darum, wie unsere Umwelt und unser Lebensstil Gewicht, Gesundheit und viele weitere Merkmale von uns selbst und unseren Nachkommen beeinflussen?, erkl?rt die Tessinerin. Bald zog es die junge Forscherin n?her zu den Patientinnen und Patienten. Die Stelle beim Kinderspital, die Forschung und angewandte Medizin vereint, bot ihr eine perfekte Weiterentwicklung. ?Die personalisierte Medizin birgt grosse Chancen, gerade in der Onkologie. So unmittelbar bei der angewandten Entwicklung von neuen Therapieans?tzen dabei zu sein, ist wahnsinnig spannend?, beschreibt Arpagaus ihre Aufgabe.
Ausgleich findet sie in der Natur, am liebsten in Bewegung. Die sportliche Leidenschaft der jungen Frau gilt dem Orientierungslauf, und zwar nicht nur zu Fuss, sondern auch auf dem Velo. Wohl kein Zufall, war ihr Vater doch als Rennvelofahrer aktiv, als sich ihre Eltern kennenlernten. Im Schweizer Nationalkader nahm Arpagaus sogar an der EM und der WM in Bike-Orienteering teil. Inzwischen betreibt sie den Sport aus Zeitgründen gemeinsam mit ihrem Partner als Hobby – mit ihrem Klub, dem C.O. Aget Lugano, reist sie nach wie vor an Veranstaltungen in der ganzen Welt.
Arpagaus sieht durchaus Parallelen zwischen der Sportart und der Forschung: ?Beim Orientierungslauf gewinnt nicht die Schnellste, sondern die, die in einer komplexen Umgebung den richtigen Weg findet. Dies trifft auch auf die L?sungsfindung in der Forschung zu.? Im Winter steht vor allem Skifahren auf dem Programm. Arpagaus ist zudem ausgebildete Skilehrerin und unterrichtete jeweils in Nara im Bleniotal. ?Es ist ein sch?nes Gefühl, den Kindern spielerisch den Spass am Sport zu vermitteln?, sagt sie. ?Gleichzeitig kommen sie so in Berührung mit anderen Kulturen und lernen die sprachliche Vielfalt der Schweiz kennen.? Ihre eigene Vielsprachigkeit verdankt sie nicht zuletzt ihren Grosseltern aus dem Kanton Graubünden, bei denen sie als Kind R?toromanisch lernte.
Ihrer beruflichen Zukunft steht Arpagaus offen gegenüber. ?Forschen ist meine Leidenschaft und die p?diatrische Onkologie liegt mir sehr am Herzen. Ich kann mir gut vorstellen, eines Tages noch enger im Austausch mit Patientinnen und Patienten zu arbeiten.? Ob dies in der Deutschschweiz, im Tessin oder sogar im Ausland sein wird, ist für sie zweitrangig: ?Alles, was nicht langweilig ist, passt zu mir, und in der Forschung gibt es immer etwas Neues zu entdecken.?