«Die Leute denken mit und übernehmen von sich aus Verantwortung»

Laura Nystr?m ist seit vier Monaten Pr?sidentin der Hochschulversammlung. Weshalb sie das Amt übernahm und was sie bisher am meisten überraschte, erz?hlt sie im Interview.

Portrait von Laura Nyström
Laura Nystr?m, Professorin für Lebensmittelbiochemie, ist seit August 2025 Pr?sidentin der Hochschulversammlung der ETH Zürich. (Bild: Ethan Oelman/Rechte ETH)

Frau Nystr?m, Sie sind direkt als Pr?sidentin zur Hochschulversammlung (HV) gestossen. Was hat Sie an diesem Amt gereizt?
Ich wurde angefragt, ob ich in der HV mitarbeiten würde. Ich habe mich schon immer für ?mter und Funktionen zur Verfügung gestellt, die dem Allgemeinwohl dienen, und so habe ich zugesagt. Dann stellte sich die Frage, wer das Pr?sidium übernehmen wird. Da die anderen KdL-Vertreter:innen infolge beruflicher oder pers?nlicher Verpflichtungen nicht zur Verfügung standen, habe ich mich dazu entschlossen, dieses Amt zu übernehmen.

Wie haben Sie sich in der neuen Funktion zurechtgefunden?
Ich bin immer noch dran [lacht]. Mir kommt zugute, dass ich vorher Departementsvorsteherin (DV) war. Meine Vorg?ngerin Dagmar Iber berichtete jeweils in den DV-Konferenzen, so hatte ich zumindest eine Ahnung von den Themen. Nach meiner Wahl habe ich mich einige Male mit Dagmar getroffen. Die wichtigsten Punkte hat sie mir schriftlich weitergegeben. Und dann galt learning by doing. Es ist eine intensive Zeit.

Hat Ihnen die Vorg?ngerin einen speziellen Tipp auf den Weg gegeben?
Nicht wirklich einen konkreten Tipp, doch sie hat ihre Erfahrungen mit mir geteilt, das war sehr wertvoll. So habe ich etwa erfahren, wie wichtig Zuh?ren in meiner neuen Funktion ist. Die HV ist ein Mitwirkungsorgan. Hier k?nnen sich alle Gruppen einbringen. Sie h?ren sich gegenseitig zu und erarbeiten gemeinsame Positionen, etwa für Vernehmlassungen. Für Dozierende hat die HV vielleicht nicht den gleichen Stellenwert wie für die anderen Gruppen. Sie haben weitere Gremien, in denen sie ihre Meinung ?ussern k?nnen. Doch für Studierende, für das wissenschaftliche Personal und für die Personalkommission ist die HV ein wichtiges Mitwirkungsorgan.

Laura Nystr?m

Laura Nystr?m wurde 1977 in Toijala, Finnland geboren. Sie studierte Lebensmittelwissenschaften an der Universit?t Helsinki, wo sie auch promovierte und ihre wissenschaftliche Laufbahn als Postdoc startete. 2009 wurde sie als Professorin für Lebensmittelbiochemie an die ETH Zürich berufen. Im Laufe ihrer Karriere ver?ffentlichte sie über 100 Publikationen und meldete zwei Patente an. Für ihre wissenschaftliche Arbeit erhielt sie diverse Auszeichnungen, darunter 2015 einen ERC Starting Grant. 2018 wurde sie an der ETH mit dem ALEA (Art of Leadership Award) ausgezeichnet Von 2022 bis 2024 war sie Vorsteherin des Departements Gesundheitswissenschaften und Technologie (D-HEST). Laura Nystr?m ist verheiratet und hat eine 15-j?hrige Tochter.

Nun sind Sie seit gut vier Monaten im Amt. Was war bisher die gr?sste ?berraschung?
Wie motiviert alle sind. Wenn wir im Institut oder Departement jemanden für ein Amt oder allgemeine Aufgaben suchen, sind es immer die gleichen guten Seelen, die sich melden. Ganz anders in der HV. Da ist sofort eine Arbeitsgruppe zusammengestellt, die beispielsweise einen Vorschlag für eine Vernehmlassungsantwort formuliert. Es kommt auch vor, dass jemand aktiv auf mich zukommt und anbietet, eine Aufgabe zu übernehmen. Die Leute denken mit und übernehmen von sich aus Verantwortung. Das finde ich eindrücklich.

Haben Sie bereits eine Vorstellung, welche inhaltlichen Schwerpunkte Sie als Pr?sidentin setzen m?chten?
Viele Gesch?fte in der HV sind vorgegeben. Um einen richtigen Einblick in die Themen zu bekommen, muss ich aber erst mal einen ganzen Jahreszyklus mitmachen. Mir ist es auch wichtig, die Bedürfnisse der einzelnen Hochschulgruppen besser kennenzulernen. Die Sichtweise meiner Kolleginnen und Kollegen kenne ich. Bei Studierenden und der jungen Generation haben Themen wie Ethik, Nachhaltigkeit oder Inklusion einen hohen Stellenwert. Schwerpunkte werden wir alle gemeinsam entwickeln.

Worin sehen Sie die wichtigste Aufgabe der HV?
Wir sind das Gremium, das die Meinung der ganzen ETH-Community vertritt. Eine wichtige Rolle spielt die HV aber auch bei Wahlen in bestimmte Gremien oder Funktionen. Aktuell ist – mit Blick auf die Mitwirkung – eine der wichtigsten Stellen ausgeschrieben. Wir suchen eine Vertreterin oder ein Vertreter der Hochschulversammlungen von ETH Zürich und EPFL für den ETH-Rat. Ich m?chte alle potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten ermutigen, ihre Bewerbung einzureichen. Wir sind aber auch daran, die Ombudsstelle wieder neu auszuschreiben.

Die Hochschulversammlungen im ETH-Rat vertreten

Die Hochschulversammlungen von ETH Zürich und EPFL dürfen eine Person in den ETH-Rat delegieren, das strategische Führungsorgan des ETH-Bereichs. Dieser umfasst neben den beiden Hochschulen die vier Forschungsanstalten PSI, Empa, Eawag und WSL. Die Delegiertenstelle wird per 1. Januar 2027 neu besetzt. Wer sich dafür interessiert, findet alle Informationen auf der Job-Plattform.

Sie waren Departementsvorsteherin, sind in der Lehrkommission engagiert, nun HV-Pr?sidentin. Was interessiert Sie an der Hochschulpolitik?
Mit dem Wort Politik kann ich mich nicht anfreunden, weil da für mich ein Gegeneinander mitschwingt. Es geht um Positionen verschiedener Parteien, die miteinander verhandeln. Was herauskommt sind meistens Kompromisse, mit denen alle irgendwie leben k?nnen, aber niemand wirklich glücklich ist. Ich finde es hingegen sch?n, wenn es gelingt, miteinander L?sungen zu entwickeln, mit denen alle zufrieden sind.

Trotz ihrer Engagements sind Sie in erster Linie Wissenschaftlerin. Als solche haben Sie verschiedene Preise gewonnen. Welcher hat für Sie die gr?sste Bedeutung?
Am st?rksten berührt hat mich der ALEA Award, die Auszeichnung für einen guten Führungsstil. Zum einen freute mich die Anerkennung meiner Gruppe für meine Art des Führens, oder vielleicht besser: wie ich die Beziehungen bei der Arbeit gestalte. Zum anderen war ich überrascht, wie viel Resonanz ich auf den Preis erhalten habe. So wurde ich immer wieder für Leadership-Veranstaltungen angefragt. Durch meine Teilnahme konnte ich hoffentlich etwas zur Kultur an der ETH beitragen. Gemeinsam etwas bewegen wollen: Das stand für mich als Führungsperson immer im Zentrum. Und das ist auch der Grund, weshalb ich mich in der HV engagiere.

Weitere Informationen zur Hochschulversammlung finden sich auf der Website.

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