Ehemaliger Rektor und Interims-Präsident Konrad Osterwalder verstorben
Konrad Osterwalder war von 1995 bis 2006 Rektor der ETH Zürich, ab Ende Oktober 2006 bis Ende August 2007 war er in einer schwierigen Zeit auch deren Interims-Pr?sident. Nun ist dieser wichtige Impulsgeber für eine offene, internationale und innovative Hochschule im 84. Lebensjahr verstorben.
Mit Konrad Osterwalder verliert die ETH Zürich eine Pers?nlichkeit, welche insbesondere die Lehre stark gepr?gt hat. Er war ein begnadeter Lehrer und inspirierender Mentor, der vielen Generationen von Studierenden und Doktorierenden in Erinnerung bleibt. In seiner Funktion als Rektor hat er die Unterrichtsbefragungen systematisch schulweit eingeführt. Er war es auch, der die Studienkonferenz der ETH zum Austauschforum des Rektorats und der Verantwortlichen für die Studieng?nge geformt hat. In seinen zw?lf Jahren als Rektor hat er die Lehre st?rker in den Fokus gerückt und aufgezeigt, wie wichtig diese für die Hochschule ist.
Vordenker für eine moderne Lehre
Darüber hinaus hinterliess Konrad Osterwalder als Vordenker der Umsetzung der Bologna-Reform zur Einführung des Bachelor-/Mastersystems national und international Spuren. Aus der ?berzeugung, dass die ETH Zürich sich mit führenden Technischen Hochschulen Europas zusammenschliessen muss, um den europ?ischen Hochschulraum mitzugestalten, initiierte er die IDEA League. Seit 1999 ist die ETH Zürich in diesem Netzwerk mit führenden technischen Universit?ten Europas wie der TU Delft und der RWTH Aachen verbunden; sp?ter kamen die Chalmers University of Technology und das Politecnico di Milano hinzu. Osterwalder war zudem Pr?sident von CESAER, der Vereinigung der technischen Universit?ten in Europa, sowie Mitglied zahlreicher Hochschul- und Forschungsr?te.
Beeindruckende internationale Forschungskarriere
Der am 3. Juni 1942 in Frauenfeld im Kanton Thurgau geborene Konrad Osterwalder studierte von 1961 bis 1965 Physik an der ETH Zürich und begleitend an der Universit?t Zürich Philosophie. 1970 doktorierte er bei Klaus?Hepp und Res?Jost in theoretischer Physik. Seine Arbeit auf dem Gebiet der konstruktiven Quantenfeldtheorie wurde mit der ETH-Medaille und dem Kern-Preis ausgezeichnet.
Seine internationale Forschungskarriere führte den jungen Forscher zun?chst ans Courant Institute of Mathematical Sciences an der New York University. Danach zog es ihn an die Harvard University, wo er ab1973 als Assistant Professor und sp?ter als Associate Professor t?tig war. 1977 kehrte Konrad Osterwalder an die ETH Zürich zurück, wo er als ordentlicher Professor für mathematische Physik lehrte.
Der Forschungsschwerpunkt von Konrad Osterwalder lag auf dem Gebiet der mathematischen Physik. Sein spezielles Augenmerk galt der mathematischen Struktur der relativistischen Quantenfeldtheorie und weiteren Problemen der Elementarteilchenphysik und der statistischen Mechanik. Weltbekannt sind seine Arbeiten zur axiomatischen Quantenfeldtheorie und insbesondere die Osterwalder-Schrader-Axiome.
Seine internationale Karriere setzte Konrad Osterwalder nach seiner Emeritierung von 2007 bis 2013 als Rektor der Universit?t der Vereinten Nationen (UNU) in Tokio fort. Unter seiner Führung wurde die UNU strukturell gest?rkt und modernisiert. Erst vor wenigen Monaten hat ihm der japanische Kaiser den ?Grand Cordon of the Order of the Rising Sun? für seine Leistungen für diese Universit?t verliehen.
Vielf?ltige Funktionen im Dienst der ETH Zürich
Bevor Konrad Osterwalder 1995 das Amt des Rektors übernahm, war er in zahlreichen institutionellen Rollen engagiert und pr?gte über Jahrzehnte die ETH Zürich, ihre Studierenden und Mitarbeitenden. So war er von 1978 bis 1985 Mitglied der Forschungskommission, danach vier Jahre Vorsteher des Departements Mathematik und von 1990 bis 1995 Mitglied und Pr?sident der Planungskommission. In diesen Gremien und auch als Mitglied der Schulleitung war Konrad Osterwalder stets unabh?ngig und ambitioniert in seinem Denken und Handeln. Er war ein weitsichtiger Macher und Gestalter und eine markante Pers?nlichkeit mit starken Meinungen, die er dezidiert vertrat.
So erstaunt es nicht, dass Konrad Osterwalder auch in den turbulenten Monaten Ende 2006 bis im August 2007 als Interims-Pr?sident der ETH Zürich dem ETH-Rat und dem Bundesrat zur Verfügung stand. Mit diplomatischem Geschick gelang es ihm, die ETH Zürich in diesen schwierigen Zeiten zusammenzuhalten und bereit zu machen für seinen Nachfolger Ralph Eichler.
Ein wichtiges Anliegen war Osterwalder auch die Pflege guter Beziehungen zur italienischsprachigen Schweiz; unter anderem war er massgeblich an der Gründung und dem Aufbau des Centro Stefano Franscini in Ascona sowie des Seminarzentrums Villa Garbald in Castasegna GR beteiligt.
Konrad Osterwalder verstarb am 19. Dezember 2025 in seinem 84. Lebensjahr. Die Angeh?rigen der ETH Zürich, seine ehemaligen Mitarbeitenden und Studierenden sowie seine Kolleginnen und Kollegen werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.