Exoplaneten sind keine Wasserwelten
An der Oberfl?che von fernen Planeten ausserhalb unseres Sonnensystems gibt es viel weniger Wasser als bisher vermutet. Diese Exoplaneten haben keine dicken Wasserschichten, wie oft spekuliert wurde. Das zeigt eine internationale Studie unter Leitung der ETH Zürich.?
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In Kürze
Viele ferne Planeten draussen im All sind gr?sser als die Erde aber kleiner als Neptun. Dass solche Sub-Neptune lebensfreundliche Wasserwelten sein k?nnten – wie bisher angenommen – ist unrealistisch.
Auch wenn die Sub-Neptune zu Beginn viel Eis angesammelt haben, lassen chemische Prozesse zwischen Atmosph?re und flüssigem Magma das Wasser im Planeteninnern verschwinden.
Das Wasser, das an der Planetenoberfl?che bleibt, begrenzt sich auf wenige Prozente. Damit ist die Erde mit ihrem Wasseranteil nicht aussergew?hnlich, sondern ein typischer Planet.
Ein Exoplanet, der 124 Lichtjahre von der Erde entfernt um einen Zwergstern kreist, machte im April 2025 weltweit Schlagzeilen. Forschende der Universit?t Cambridge, Grossbritannien, berichteten, dass es sich beim Planeten K2-18b um eine Wasserwelt mit einem tiefen, globalen Ozean voller Leben handeln k?nnte. Doch nun zeigt eine Studie, dass sogenannte Sub-Neptune wie K2-18b mit hoher Wahrscheinlichkeit keine von Wasser dominierten Welten sind und dort kaum lebensfreundliche Bedingungen herrschen. ?Wasser auf Planeten ist viel begrenzter vorhanden als bisher angenommen?, sagt Caroline Dorn, Professorin für Exoplaneten an der ETH Zürich.
Die Studie wurde unter Leitung der ETH Zürich gemeinsam mit Forschenden des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg und der University of California in Los Angeles durchgeführt. K2-18b ist gr?sser als die Erde, aber kleiner als Neptun und geh?rt damit zu einer Klasse von Planeten, die in unserem Sonnensystem fehlen. Draussen im All aber kommen sie h?ufig vor, wie Beobachtungen zeigen. Manche dieser Sub-Neptune wurden vermutlich weit entfernt von ihrem Zentralstern gebildet – jenseits der sogenannten Schneelinie, wo Wasser zu Eis gefriert – und wanderten sp?ter nach innen.
Bisher nahm man an, dass einige dieser Planeten w?hrend ihrer Entstehung besonders viel Wasser ansammeln konnten und heute unter einer wasserstoffreichen Atmosph?re globale, tiefe Ozeane beherbergen. Die Fachleute sprechen von Hycean-Planeten – eine Kombination aus ?Hydrogen? für Wasserstoff und ?Ocean? für Ozean.
Die Chemie berücksichtigen
?Unsere Berechnungen zeigen, dass dieses Szenario nicht m?glich ist?, sagt Dorn. Denn eine grundlegende Schw?che von bisherigen Studien war, dass sie jegliche chemische Kopplung zwischen der Atmosph?re und dem Inneren des Planeten ausser Acht liessen. ?Wir haben nun die Interaktionen zwischen dem Planeteninnern und der Atmosph?re berücksichtigt?, erkl?rt Aaron Werlen, Forscher in Dorns Team und Erstautor der Studie, die in der Zeitschrift The Astrophysical Journal Letters erschienen ist.
Die Forschenden nehmen an, dass die Sub-Neptune in einer frühen Bildungsphase einen Zustand durchliefen, in dem sie von einem tiefen, heissen Magma-Ozean bedeckt waren. Darüber sorgte eine Hülle aus Wasserstoffgas dafür, dass diese Phase über Jahrmillionen erhalten blieb.
?In unserer Studie haben wir untersucht, wie sich die chemischen Wechselwirkungen von Magma-Ozean und Atmosph?re auf den Wassergehalt junger Sub-Neptun-Exoplaneten auswirkt?, sagt Werlen.
Dazu verwendeten die Forschenden ein bestehendes Modell, das die Planetenentwicklung über einen bestimmten Zeitraum beschreibt. Dieses kombinierten sie mit einem neuen Modell, das die chemischen Prozesse berechnet, die zwischen dem Gas in der Atmosph?re und den Metallen und Silikaten im Magma ablaufen.
Wasser verschwindet im Innern
Die Forschenden berechneten den chemischen Gleichgewichtszustand von 26 verschiedenen Komponenten für insgesamt 248 Modell-Planeten. Die Computersimulationen zeigten, dass die chemischen Prozesse die meisten H2O-Wassermoleküle zerst?ren. Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) lagern sich an metallische Verbindungen an, und diese verschwinden zu einem grossen Teil im Planetenkern.
Auch wenn die Genauigkeit solcher Berechnungen an Grenzen st?sst, sind die Forschenden von den Resultaten überzeugt. ?Wir fokussieren uns auf die grossen Trends und sehen in den Simulationen klar, dass die Planeten viel weniger Wasser haben, als sie ursprünglich ansammelten?, erkl?rt Werlen: ?Das Wasser, das tats?chlich als H2O an der Oberfl?che vorhanden bleibt, ist auf maximal einige Prozente begrenzt.?
Bereits in einer früheren Ver?ffentlichung konnte Dorns Gruppe zeigen, wie sich das meiste Wasser eines Planeten im Innern versteckt. ?Bei der jetzigen Studie haben wir analysiert, wie viel Wasser im Ganzen auf diesen Sub-Neptunen vorkommt?, erkl?rt die Wissenschaftlerin: ?Den Berechnungen zufolge gibt es keine fernen Welten mit massiven Wasserschichten, in denen Wasser rund 50 Prozent der Planetenmasse ausmacht, wie man bisher dachte. Hycean-Welten mit 10 bis 90 Prozent Wasser sind daher sehr unwahrscheinlich.?
Damit gestaltet sich die Suche nach ausserirdischem Leben schwieriger als erhofft. Denn lebensfreundliche Bedingungen mit genügend flüssigem Wasser an der Oberfl?che gibt es wahrscheinlich nur auf kleineren Planeten, die wohl erst mit noch besseren Observatorien als dem James-Webb-Weltraumteleskop zu beobachten sein werden.
Die Erde ist kein Spezialfall
Besonders spannend hingegen findet Dorn die Rolle unserer Erde im Hinblick auf die neuen Berechnungen. Diese zeigen, dass die meisten fernen Welten ?hnliche Wasseranteile haben wie unser Planet. ?Die Erde ist vielleicht gar nicht so aussergew?hnlich, wie wir meinen. In unserer Studie erscheint sie jedenfalls als typischer Planet?, sagt sie.
Erstaunt hat die Forschenden zudem ein scheinbar paradoxer Unterschied: Die Planeten mit den wasserreichsten Atmosph?ren sind nicht etwa diejenigen, welche jenseits der Schneelinie am meisten Eis angesammelt haben, sondern Planeten, die innerhalb der Schneelinie entstanden sind. Hier lieferten nicht die Eiskristalle das Wasser, sondern es wurde chemisch produziert, indem Wasserstoff in der Planetenatmosph?re mit Sauerstoff aus den Silikaten des Magma-Ozeans reagierte und H2O-Moleküle entstanden.
?Diese Erkenntnisse stellen den klassischen Zusammenhang zwischen eisreicher Entstehung und wasserreichen Atmosph?ren in Frage. Sie unterstreichen stattdessen die dominante Rolle des Gleichgewichts zwischen Magma-Ozean und Atmosph?re bei der Bildung der Planeten-Zusammensetzung?, bilanziert Werlen. Dies werde sich weitreichend auf Theorien zur Planetenentstehung sowie auf die Interpretation der Atmosph?ren von Exoplaneten im Zeitalter des James-Webb-Teleskops auswirken.
Literaturhinweis
Werlen A, Dorn C, Burn R, Schlichting H, Grimm S, Young E: Sub-Neptunes Are Drier Than They Seem: Rethinking the Origin of Water-Rich Worlds. The Astrophysical Journal Letters 2025, doi: externe Seite 10.3847/2041-8213/adff73