ETH-Forschende haben mithilfe von Kernspinresonanz die atomaren Umgebungen einzelner Platinatome in einem festen Tr?germaterial sowie deren r?umliche Ausrichtung untersucht. Die Methode kann in Zukunft helfen, die Herstellung von Einzelatom-Katalysatoren zu optimieren.
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In Kürze
- ETH-Forschende haben mit Kernspinresonanz untersucht, an welche anderen Atome die Platinatome in einem Einzelatom-Katalysator gebunden und wie sie r?umlich ausgerichtet sind.
- Die genaue Kenntnis der atomaren Umgebungen kann dabei helfen, gleichf?rmigere und damit effektivere Einzelatom-Katalysatoren herzustellen.
- Das erlaubt auch sehr effiziente und ressourcenschonende Reaktionsbeschleuniger für nachhaltige Chemikalien.
Die Katalyse, also die Beschleunigung einer chemischen Reaktion durch Zugabe eines bestimmten Stoffes, ist sowohl in der Industrie als auch im Alltag enorm wichtig. Etwa 80 Prozent aller chemischen Produkte werden mithilfe von Katalyse hergestellt. Auch Abgaskatalysatoren oder Brennstoffzellen beruhen auf diesem Wirkprinzip. Ein besonders effektiver und vielseitiger Katalysator ist Platin. Da Platin aber ein sehr seltenes und teures Edelmetall ist, dessen Gewinnung zudem viel CO2-Ausstoss verursacht, ist es wichtig, m?glichst wenig davon einzusetzen und zugleich seine Effizienz zu maximieren.
Katalysatoren mit einzelnen Atomen
In den letzten Jahren hat man deshalb zunehmend versucht, so genannte Einzelatom-Katalysatoren zu entwickeln, in denen jedes Atom zur chemischen Reaktion beitr?gt. Dabei werden in einem por?sen Tr?germaterial, zum Beispiel aus mit Stickstoffatomen durchsetztem Kohlenstoff, einzelne Platinatome auf die Oberfl?che aufgebracht. Die Stickstoffatome fungieren dabei als Ankerpunkte, an denen die Platinatome andocken k?nnen.
Forschende um Javier Pérez-Ramírez und Christophe Copéret am Departement Chemie und Angewandte Biowissenschaften der ETH Zürich haben nun gemeinsam mit Kollegen der Universit?ten in Lyon und Aarhus gezeigt, dass solche Einzelatom-Katalysatoren wesentlich komplexer sind als bisher angenommen. Mithilfe von Kernspinresonanz konnten sie nachweisen, dass die einzelnen Platinatome in einem solchen Katalysator sehr unterschiedliche atomare Umgebungen haben, die ihre Katalysewirkung beeinflussen k?nnen. Diese Entdeckung wird es in Zukunft erlauben, effizientere Katalysatormaterialien herzustellen. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden kürzlich im Fachjournal externe Seite Nature ver?ffentlicht.
Durchbruch durch zuf?llige Begegnungen
?Bislang konnte man einzelne Platinatome nur durch ein Elektronenmikroskop betrachten – das sieht zwar beeindruckend aus, aber über ihre Katalyseeigenschaften erf?hrt man dadurch nicht viel?, sagt Pérez-Ramírez. Gemeinsam mit Copéret überlegte er, wie man die einzelnen Platinatome genauer charakterisieren k?nnte. Die Zusammenarbeit war durch eine zuf?llige Begegnung bei einem Zoom-Meeting im Rahmen des NCCR-Programms Catalysis entstanden.
Im Anschluss an das Meeting entwickelten die beiden Forscher die Idee, es mit Kernspinresonanz zu versuchen. Bei dieser Methode, auf der auch das MRT im Krankenhaus beruht und die normalerweise in Labors zur Untersuchung von Molekülen benutzt wird, reagieren die Spins der Atomkerne in einem starken statischen Magnetfeld auf oszillierende Magnetfelder mit einer bestimmten Resonanzfrequenz.
Bei Molekülen h?ngt diese Resonanzfrequenz unter anderem davon ab, wie die verschiedenen Atome im Molekül angeordnet sind. ?Auch bei den einzelnen Platinatomen wird die Resonanzfrequenz durch die atomaren Nachbarn – zum Beispiel Kohlenstoff, Stickstoff oder Sauerstoff – beeinflusst und zus?tzlich durch ihre Ausrichtung relativ zum statischen Magnetfeld?, erkl?rt Copéret.
Das führt zu einer Vielzahl von Resonanzfrequenzen, vergleichbar mit den verschiedenen T?nen in einem Orchester. Herauszufinden, welches Instrument welchen Ton erzeugt, ist dabei nicht einfach. ?Der Zufall wollte es, dass einer von uns bei einem Besuch in Lyon einen Simulationsexperten aus Aarhus traf?, erz?hlt Copéret. Solche Begegnungen und die daraus entstehenden Kooperationen seien essenziell für wissenschaftlichen Fortschritt. Der Simulationsexperte entwickelte gemeinsam mit dem ETH-Forscher ein Computerprogramm, mit dessen Hilfe die vielen verschiedenen ?T?ne? der einzelnen Platinatome aus dem Durcheinander herausgefiltert werden k?nnen.
Landkarte der atomaren Umgebung
So gelang es schliesslich, Einzelatom-Katalysatoren zu beschreiben: Das Forschungsteam konnte nun eine Art Landkarte erstellen, auf der sichtbar ist, welche Atome die Platinatome umgeben und wo sie sich befinden. ?Dieses Analyseverfahren setzt einen neuen Massstab im Forschungsfeld?, sagt Pérez-Ramírez.

Mit dem neuen, leicht zug?nglichen Verfahren k?nnen in Zukunft Herstellungsverfahren für Einzelatom-Katalysatoren so optimiert werden, dass am Ende alle Platinatome genau festgelegte Umgebungen haben. Das ist denn auch die n?chste Herausforderung für das Team. ?Auch im Hinblick auf geistiges Eigentum ist unsere Methode wichtig?, sagt Copéret: ?Wenn wir einen Katalysator auf atomarer Ebene genau beschreiben k?nnen, dann k?nnen wir ihn auch durch ein Patent schützen.?
Literaturhinweis
Koppe J, Yakimov AV, Gioffrè D et al. Coordination environments of Pt single-atom catalysts from NMR signatures. Nature 642, 613–619 (2025). DOI: externe Seite 10.1038/s41586-025-09068-x